Patientin wird von einem Schönheitschirurg für ein Facelifting vorbereitet

Schönheits-OPs gewinnen zunehmend an Beliebtheit – woran liegt das?

Statistiken zeigen: Die Zahl der Schönheitsoperationen in Deutschland steigt. Nicht nur Frauen, auch Männer lassen immer öfter Eingriffe an ihrem Äußeren vornehmen, die medizinisch nicht notwendig sind. Woher kommt dieser Drang nach Selbstoptimierung? Und welche Gefahren gehen von den sozialen Medien aus? Eine Psychologin und ein Schönheitschirurg berichten.

Wer kennt es nicht: Die Nase ist zu groß, der Bauch ein wenig zu voluminös und die Haare werden immer weniger. Wohl jeder Mensch findet irgendetwas an seinem Körper, mit dem er nicht zufrieden ist. Aktuell scheint diese Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper höher zu sein: Denn die Bereitschaft, diese vermeintlichen Makel mittels plastischer Chirurgie zu beheben, hat sich in den letzten Jahren erhöht. Die Rede ist von Schönheitsoperationen.

Weltweit ist deren Anzahl in den letzten Jahren geradezu explodiert: Fast 34 Millionen Eingriffe verzeichnete die International Society of Aesthetic Plastic Surgery (ISAPS) für das Jahr 2022. 2020 waren es noch rund 25 Millionen. Ein Anstieg um knapp 40 Prozent in nur zwei Jahren. 2010 waren es noch knapp 14 Millionen Schönheitsoperationen pro Jahr.

Aktuelle Statistik zu Schönheits-OPs in Deutschland

Die steigende Beliebtheit von Schönheits-OPs betrifft beide Geschlechter. 2023 war bei der Nachfrage nach Facelift-Behandlungen unter Männern ein Anstieg um 33 Prozent zu verzeichnen. Immer verbreiteter werden unter Männern auch Haartransplantationen: 2022 stiegen die Behandlungen hier von 1,8 auf 7,1 Prozent. Der größte Anstieg war 2018 zu verzeichnen: So stieg die Zahl der Eingriffe bei Männern in Deutschland von 2017 auf 2018 um mehr als das Doppelte. Seither steigen die Zahlen nicht mehr so rasant, aber ein Anstieg ist weiterhin zu beobachten.

Bei Frauen, die sich mit einem Anteil von circa 85 Prozent der Gesamtheit immer noch deutlich häufiger unters Messer legen als Männer, sind konstant Brustvergrößerungen und Oberlidstraffungen die beliebtesten Operationen. Bei beiden Geschlechtern liegen Fettabsaugung und minimalinvasive Eingriffe wie Botox- oder Hyaluronbehandlungen hoch im Kurs.

Für den Anstieg der Nachfrage nach Schönheitsoperationen zwischen den Jahren 2020 und 2022 machen Experten die Corona-Pandemie verantwortlich. Prof. Dr. med. Dennis von Heimburg, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie, bestätigt dies: „Das Interesse hat – nach einer anfänglichen Zurückhaltung während des ersten Lockdowns – stark zugenommen. Die Patientinnen und Patienten haben versucht, die Zeit zu nutzen, um das eine oder andere an ihren Körpern korrigieren zu lassen.“

Wie auch andere Expertinnen und Experten vermutet von Heimburg, dass der Boom von Schönheits-OPs in Corona-Zeiten nicht zuletzt auf die vielen Videokonferenzen zurückzuführen war, bei denen man im Homeoffice verstärkt mit dem eigenen Selbstbild konfrontiert wurde.

Die häufigsten Schönheitsoperationen

Dies waren in den Jahren von 2020 bis 2023 die beliebtesten Eingriffe rein ästhetischer Natur in Deutschland, die medizinisch nicht notwendig gewesen wären.

Die Top 5 Eingriffe bei Frauen

  • Botox-Behandlung: rund 19.000-mal, minimalinvasiver Eingriff

  • Hyaluron-Behandlung: rund 15.000-mal, minimalinvasiver Eingriff

  • Brustvergrößerung: rund 5.000-mal, ästhetisch-plastische Operation

  • Fettabsaugung: rund 4.600-mal, ästhetisch-plastische Operation

  • Oberlidplastik: rund 4.100-mal, ästhetisch-plastische Operation

Die Top 5 Eingriffe bei Männern

  • Botox-Behandlung: rund 2.500-mal, minimalinvasiver Eingriff

  • Hyaluron-Behandlung: rund 1.500-mal, minimalinvasiver Eingriff

  • Oberlidplastik: rund 1.000-mal, ästhetisch-plastische Operation

  • Gynäkomastie (Brustdrüsengewebe bei Männern): rund 800-mal, ästhetisch-plastische Operation

  • Fettabsaugung: rund 700-mal, ästhetisch-plastische Operation

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Einfluss der sozialen Medien: Trend zur Selbstoptimierung

Den generellen Anstieg von Schönheitsoperationen erklärt Dr. med. Dennis von Heimburg, der von 2016 bis 2020 Präsident der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC) war, mit einem Trend zur „Perfektionierung des eigenen Körpers“, der sich auch in den deutschen Fitnessstudios beobachten lasse. Der Einfluss der Sozialen Medien steigt jedoch ebenfalls enorm.

2023 wurde in Deutschland erstmals durch die Deutsche Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC) auch die Beeinflussung durch die Mediennutzung abgefragt. Laut der Umfrage gaben 19,4 Prozent der 18- bis 30-Jährigen an, dass Posts von anderen Personen ihren Wunsch nach persönlicher Veränderung durch einen ästhetischen Eingriff verstärken würden.

Dies bestätigt auch die Beobachtung des Arztes von Heimburg: Das Klientel bei Schönheitsoperationen wird immer jünger. Oft kämen heutzutage junge Menschen mit Fotos von Influencern oder Influencerinnen zu ihm, die als optische Vorbilder dienten. Problematisch ist hierbei, dass diese Bilder häufig mit einem Filter bearbeitet sind. Trotzdem halten viele jungen Menschen die Bilder für Realität. Wichtig sei daher bei allen Patientinnen und Patienten ein ausführliches Beratungsgespräch, so der Arzt.

„Einer ästhetischen Behandlung sollte immer ein detailliertes Fragen nach den Gründen vorausgehen“, sagt von Heimburg. Seriöse plastische Chirurgen würden daher Patientinnen und Patienten, die sich in einer Krisensituation wie zum Beispiel einer Trennung befinden oder psychische Probleme haben, mit großer Regelmäßigkeit ablehnen.

Auch die Frage, wer den Eingriff durchführt, sollten Interessentinnen und Interessenten durchdenken, rät von Heimburg: „Die Menschen sollten aufpassen, von wem sie behandelt werden. Sie sollten immer nach der Ausbildung der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes fragen.“ Denn im schlimmsten Fall drohen bei Operationen durch ungeschultes Personal schwerwiegende gesundheitliche Folgen bis hin zu Todesfällen.

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Schönheits-OPs aus psychologischer Sicht

Die Psychologin Ada Borkenhagen beschäftigt sich seit einigen Jahren mit den Motiven, die hinter dem zunehmenden Drang zur Selbstoptimierung stehen. Sie forscht an der Universität Magdeburg unter anderem zu körpermodifizierenden und körperoptimierenden Maßnahmen, wie es im Wissenschaftsjargon heißt. Für sie hat der Trend zu Schönheitsoperationen ebenfalls mit dem wachsenden Einfluss der sozialen Medien und den dort vermittelten Schönheitsidealen zu tun. Sie spricht die „Generation Selfie“ an, also die junge Generation, die viel Zeit damit verbringt, sich fortlaufend selbst zu fotografieren – und dabei mittels Beauty-Apps und Filter stets darauf bedacht ist, blendend auszusehen.

Doch oft ist in den sozialen Medien mehr Schein als Sein vorherrschend. Die Instagram- und TikTok-Realität hat nicht viel mit dem wahren Leben zu tun. Denn es werden in der Regel nur die tollen Erlebnisse, die Schokoladenseiten des Lebens gepostet. Das trifft auch auf das Äußere zu: Graue Haare, Falten oder ein leichter Bauchansatz sind auf TikTok oder Instagram eher unsexy – und können durch Bildbearbeitung retuschiert werden. Wenn eine Influencerin wie etwa Kim Kardashian ihre Po-Vergrößerung auf Social Media ausgiebig zur Schau stellt und damit einen Trend auslöst, sollte man sich immer bewusst machen, dass Schönheitsideale vergänglich sind. Was vielleicht vor Kurzem noch der letzte Schrei war, kann in einigen Monaten schon wieder total out sein. Insofern sollte man hier immer etwas Skepsis walten lassen und nicht jedem Körpertrend sofort folgen.

Laut Borkenhagen sind jenseits der sozialen Medien aber auch gesamtgesellschaftliche Tendenzen für den Schönheitswahn verantwortlich: „Die zunehmende Individualisierung unserer westlichen Gesellschaften führt dazu, dass wir aufgefordert sind, unseren Körper selbst zu gestalten und für unser körperliches Aussehen verantwortlich zu sein“, sagt Borkenhagen. Hinzu kommt, dass sich die medizinischen Verfahren deutlich verbessert haben und viele Schönheitsoperationen heutzutage als risikoarm gelten. „Der Körper wird zunehmend zu einer Ware, die man möglichst gut erhalten muss – dazu gehört, sich fit zu halten und Alterserscheinungen möglichst weit hinaus zu schieben“, erklärt Borkenhagen.

Können Schönheitsoperationen glücklich machen?

Bei der Frage, ob Schönheitsoperationen glücklicher machen können, muss man laut der Psychologin unterscheiden: „Wenn ein für Dritte nachvollziehbarer körperlicher Mangel besteht und der mittels plastischer Chirurgie behoben wird, fühlen sich die Menschen in der Regel danach besser.“ Anders sieht es allerdings aus, wenn man durch eine Schönheits-OP seine Identität verändern will, meint Borkenhagen: „Niemand wird durch eine Schönheitsoperation ein anderer Mensch.“ Das seien oft die falschen Vorstellungen von Menschen, die unter Persönlichkeitsstörungen oder starken Minderwertigkeitskomplexen litten.

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Wird es bald eine KI-Kennzeichnungspflicht geben?

Für den Schutz junger Menschen forderten in Deutschland die drei großen Fachgesellschaften für plastische und ästhetische Chirurgie (DGPRÄC, VDPÄC iund DGÄPC) eine Kennzeichnungspflicht für digital bearbeitetes und KI-generiertes Bildmaterial in den sozialen Medien sowie in der Werbeindurstrie. Im Juni 2024 wurde im Bundestag nun beschlossen, den Weg zu einer gesetzlichen Regelung weiter nach vorne zu treiben.

Der Mutterkonzern von Facebook und Instagram schritt hier bereits im Mai 2024 mit aktuellen Änderungen voran und führte ein Label zur Kennzeichnung von KI-generierten Inhalten ein. Dieser Prozess dient jedoch nicht primär dem Jugendschutz sondern soll insbesondere die Verbreitung von Falschinformationen bekämpfen.

Mehr Selbstliebe entwickeln

Auch wenn Schönheitsoperationen dank sozialer Medien oder prominenter Persönlichkeiten mittlerweile fast schon zum Massenphänomen geworden sind: Wer selbst eine Schönheitsoperation erwägt, sollte sich immer fragen, welche Gründe dahinterstehen und genau abwägen, ob sie die Risiken für einen medizinisch nicht erforderlichen Eingriff wirklich wert sind. Denn auch wenn die medizinischen Standards im Bereich der plastischen Chirurgie hoch sind, können Komplikationen nie ganz ausgeschlossen werden. Außerdem besteht die Gefahr, dass man in eine Optimierungsschleife gerät: Kaum hat man sich die Nase verkleinern lassen, fällt einem vielleicht auf, dass auch die abstehenden Ohren störend sind – und so weiter und so fort.

Besser ist es, mehr Selbstliebe zu entwickeln und das eigene Äußere so zu akzeptieren, wie es nun mal ist. Stecken ernsthafte psychische Probleme hinter dem Wunsch nach einem anderen Aussehen, sollte man sich auch nicht davor scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. 

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